Jochen Rindt
Eine Kurzbiografie
Karl
Jochen Rindt wurde am 18. April 1942 in
Mainz geboren und starb am 5. September 1970 beim Training zum Großen Preis von
Italien in Monza.
Rindt bestritt 60 Formel 1-Grand Prix-Rennen und gewann davon 6. 1970 wurde er
posthum Weltmeister. Er ist der einzige Weltmeister der Formel 1, dem dieser
Titel nach seinem Tod verliehen wurde.
Seine Eltern, die in Mainz eine Gewürzmühle besaßen, starben 1943 bei einem
alliierten Bombenangriff auf Hamburg. Jochen wurde zu seinen Großeltern nach
Graz gebracht und wuchs in deren Haus am Ruckerlberggürtel 16 auf. Eine
Gedenktafel am Eingang des Hauses erinnert an diese Zeit.
Er sollte später das Geschäft seiner Eltern weiterführen, doch sein Interesse an
schnellen Autos brachte ihn 1961 zum Motorsport. Zunächst nahm er mit
einem Simca Montlhery bei kleineren Veranstaltungen teil.
1962 bekam er vom Grazer Alfa Romeo-Händler Ossi Vogl, der Jochens Talent
erkannte, einen Alfa Romeo Giulietta TI zur Verfügung gestellt und gewann damit
das prestigeträchtige Tourenwagenrennen in Wien Aspern gegen die viel stärkere
Konkurrenz der Jaguars. Mit diesem Sieg wurde erstmals die Öffentlichkeit auf
ihn aufmerksam. Typisch für Jochen, er ging zu den Presseleuten hin und fragte:
„Na, wollt’s net üba mi a wos schreiben?“
1963 stieg er auf einen Formel Junior-Cooper Monoposto um, den er vom
Wiener Rennfahrer Curd Barry erwarb und gewann damit das Formel Junior Rennen
von Cesenatico. In jenem Jahr war auch eine gewisser Curt Lincoln einer seiner
Gegner, der einige Jahre später sein Schwiegervater werden sollte.
1964 kaufte er einen Formel 2 Brabham-Cosworth. Er wurde Dritter in
Mallory Park und gewann einen Tag später das Rennen in Crystal Palace, wo er den
Top-Piloten der Formel 1, Graham Hill schlug. Das war der Zeitpunkt als er die
internationale Motorsportwelt erstmals auf sich aufmerksam machte. Für den GP
von Österreich stellte ihm Rob Walker einen Brabham BT11 zur Verfügung. Jochen
machte eine gute Figur, konnte das Rennen aber nicht beenden.
1965, auf Grund seiner guten Leistungen offerierte ihm John Cooper einen
Platz in seinem F1-Werksteam, als Teamkollege von Bruce McLaren. Die Cooper
waren nicht besonders leistungsfähig, aber Rindt holte einen vierten Platz beim
Großen Preis von Deutschland und wurde Sechster beim GP von Amerika.
Zu jener Zeit besserten die F1-Fahrer ihr Einkommen auf, indem sie zusätzlich
noch in der Formel 2 antraten. Es begann eine lange und äußerst erfolgreiche
Verbindung mit dem privaten Formel 2 Team von Roy Winkelmann, die bis zu deren
Auflösung Ende 1969 anhalten sollte. Jochen gewann in Reims und wurde Dritter in
Pau und Vallelunga.
Der Fahrstil Rindts war unbekümmert, durchaus konstant und sehr schnell. Im
selben Jahr teilte sich Rindt einen Porsche mit Jo Bonnier beim 1000
Kilometer-Rennen am Nürburgring und wurde Dritter. In Le Mans gewann er 1965 auf
einem von NART eingesetzten Ferrari 275LM zusammen mit Masten Gregory, nachdem
die gesamte Ford GT 40-Armada und Werks-Ferraris der Reihe nach ausfielen. Bruce
McLaren verließ Cooper am Ende des Jahres, um für die neue Dreiliter-Formel ein
eigenes Fahrzeug zu bauen.
Rindt war zu dieser Zeit in Österreich bereits ein gefeierter Star und im Herbst
1965 eröffnete er seine erste Jochen-Rindt-Show im Wiener Messepalast, die ein
Riesenerfolg wurde. Die Idee dazu hatte er, als er einen Bericht über eine
Briefmarkenausstellung sah, zu der x-tausende Zuschauer strömten. Er stellte
sich die Frage, ob nicht genau so viele, wenn nicht sogar noch mehr Zuschauer an
ausgestellten Rennautos Interesse zeigen würden. Er sollte Recht behalten. Wegen
akuter Überfüllung wurden jeweils so viele Leute in den Messepalast hinein
gelassen, als am Ausgang heraus kamen!
1966 wurde Rindt die Nummer Eins bei Cooper, bis John Surtees von Ferrari
zu Cooper wechselte. Die Cooper-Maseratis waren schwer aber im Vergleich zu den
noch nicht weit entwickelten neuen Motoren der Konkurrenz leistungsstark. Rindt
wurde Zweiter in Spa, Zweiter beim GP von Amerika, Dritter in Deutschland,
Vierter in Frankreich und Italien und Fünfter beim britischen Rennen. Im
Endklassement reichte es sogar für den 3. Rang in der Weltmeisterschaft.
In der Formel 2 beherrschten Brabham-Hondas die Formel 2, doch Rindt gewann das
Eifelrennen am Nürburgring und das letzte Rennen in Brands Hatch und schlug
dabei Jack Brabham.
1967 wurde zunächst Hochzeit gefeiert. An einem rennfreien Wochenende im
März heiratete er Nina Lincoln. Rindt konnte 1967 nur zwei vierte Plätze beim
belgischen und italienischen GP ergattern. Doch in der Formel 2 errang er mit
seinem Winkelmann Brabham neun Siege von elf Rennen. Die Motorsportpresse
verlieh im den Titel „König der Formel 2“. Sein Ruf als furchtloser Pilot wurde
bestätigt, nachdem er in Indianapolis gegen die Betonmauer krachte und aus dem
brennenden Wagen stieg, als würde es ihm nichts angehen. Er wurde ins Spital zur
Routineuntersuchung eingeliefert, sein Puls war sogar langsamer als vorher!
1968 wechselte er zu Jack Brabham, der 1966 und 67 das
Weltmeister-Fahrzeug für sich bzw. Denny Hulme gebaut hatte. Jedoch konnte die
Weiterentwicklung des bisher zuverlässigen Repco V-8 Motor nicht überzeugen,
zumal der Konkurrenz der neue und überlegene Ford-Cosworth Motor zur Verfügung
stand.
1969 wechselte Rindt erneut in das Team des Weltmeisters, zu Lotus, mit
Titelverteidiger Graham Hill an seiner Seite, den er sehr schnell den Nummer
1-Status streitig machte. Seinen Freund Bernie Ecclestone fragte er um Rat,
Ecclestone antwortete, dass er bei Lotus entweder stirbt oder Weltmeister wird.
Prompt verunglückten beide Lotus beim spanischen Grand Prix in Barcelona schwer,
als die extrem hohen Flügel-Konstruktionen brachen. Rindt zog sich einen
gebrochene Nase und eine schwere Gehirnerschütterung zu. Er erholte sich zwar
schnell, hatte aber eine Zeit lang gegen Übelkeit im Rennwagen zu kämpfen.
Während seiner Genesung forderte er in einem offenen Brief an die Presse das
Verbot von Flügeln an den Fahrzeugen, da diese für Fahrer und Zuschauer zu
gefährlich seien und an Autos nichts verloren hätten.
Nach seiner Genesung fand er schnell zu seiner alten Form zurück und lieferte
sich packende Zweikämpfe mit seinem Freund Jackie Stewart, dem werdenden
Weltmeister. Am Saisonende errang er in Watkins Glen seinen lange erwarteten
ersten Sieg in einem F1-Weltmeisterschaftslauf. Das Rennen wurde allerdings von
einem schweren Unfall seines Teamkollegen Graham Hill überschattet, der sich
schwere Beinverletzungen zuzog.
1970 war
er die unangefochtene Nummer Eins bei Lotus. Nach erfolglosen Experimenten mit
Allradantrieb, baute Lotus für 1970 den revolutionären keilförmigen Lotus 72,
der zunächst noch an Kinderkrankheiten litt. Rindt griff deshalb auf das Modell
49 zurück und konnte damit einen spektakulären Sieg in Monaco erringen. Beim GP
der Niederlande siegte Rindt im inzwischen weiterentwickelten Modell 72. Dieser
Sieg war von einem Unfall überschattet, bei dem sein enger Freund Piers Courage
verbrannte. Rindt war sichtlich erschüttert und er dachte erstmals laut über
Aufhören nach. Ecclestone meinte, wenn du aufhören möchtest, dann musst er es
gleich tun und darfst nicht bis Saisonende warten. Rindt fuhr weiter und gewann
den französischen, britischen und deutschen GP, der nach Hockenheim verlegt
wurde, nachdem die GPDA wegen gravierender Sicherheitsmängel den Nürburgring
boykottierte. Rindt und Co. wurden darauf hin von der britischen
Motorsportpresse als „Weicheier“ bezeichnet.
Beim Heimrennen auf dem Österreichring gewann allerdings sein größter
Widersacher, Jacky Ickx auf Ferrari. Somit stieg der Druck auf Rindt, als er
sich zum GP von Italien nach Monza begab, um sich den lang ersehnten WM-Titel zu
sichern. Das Training für den GP fand am Freitag und Samstag den 4. und 5.
September 1970 statt. Nach einer halben Stunde Training am Samstag schlug
Rindt’s Lotus 72 beim Anbremsen der Parabolica in die Leitplanken ein. Rindt
wurde mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus eingeliefert, starb aber noch im
Rettungswagen an den Folgen seiner schweren Verletzungen. Als Unfallursache
wurde eine gebrochenen Bremswelle ermittelt. Jahrelange gerichtliche Verfolgung
Chapman’s endete 1977 mit einem Freispruch.
Das Ereignis löste, nicht nur in der Sportwelt, einen regelrechten Schock aus.
Nur vergleichbar mit dem Attentat auf John F. Kennedy. Jeder kann sich heute
noch erinnern wo er gerade war und was er zu dem Zeitpunkt getan hat, als ihm
die Todesnachricht ereilte.
Jacky Ickx hatte in den verbleibenden Rennen zwar
noch die theoretische Chance Rindt in der WM-Wertung zu überholen, doch der
Nachwuchsfahrer Emerson Fittipaldi im Lotus 72 gewann den GP der USA in Watkins
Glen, genau dort wo Jochen ein Jahr zuvor seinen ersten Triumph feierte. Somit
ging der Weltmeistertitel posthum an Jochen Rindt. Den Weltmeisterpokal nahm
seine Witwe Nina Rindt für ihn entgegen.
Erich Walitsch
Jochen Rindt:
Seine Karriere in Zahlen
Geboren:
18. April 1942 in Mainz
(D)
Gestorben: 5.
September 1970 in Monza
(ITA)
WM-Titel:
1 (1970 für Lotus)
GP-Starts:
60
GP-Siege:
6
Podestplätze:
13
WM-Punkte:
109 (107)
Pole Positions:
10
Schnellste
Rennrunden: 3
Erster GP-Start:
GP von Österreich
(Zeltweg) 1964
- Brabham
Erste WM-Punkte:
GP von Deutschland
(Nürburgring)
1965 - Cooper
Erster
Podestplatz: GP
von Deutschland
(Nürburgring)
1966 - Cooper
Erster GP-Sieg:
GP der USA (Watkins
Glen) 1969
- Lotus
Erste
Pole-Position:
GP von Frankreich
(Rouen) 1968
- Brabham
Erste schnellste
Runde: GP von
Spanien (Montjuic)
1969 -
Lotus
Formel-1-Statistik
von Rindt
Saison |
Rennstall |
GP-Starts |
Siege |
Podest |
Punkte |
Poles |
S.Rd. |
WM-Platz |
1964 |
Rob Walker Racing |
1 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
1965 |
Cooper |
9 |
- |
- |
4 |
- |
- |
13. |
1966 |
Cooper |
9 |
- |
3 |
22 (24) |
- |
- |
3. |
1967 |
Cooper |
10 |
- |
- |
6 |
- |
- |
13. |
1968 |
Brabham |
12 |
- |
2 |
8 |
2 |
- |
12. |
1969 |
Lotus |
10 |
1 |
3 |
22 |
5 |
2 |
4. |
1970 |
Lotus |
9 |
5 |
5 |
45 |
3 |
1 |
1. |
Alle 6 GP-Siege in
der Formel 1
Jahr |
Rennen |
Strecke |
Rennstall |
1969 |
GP der USA |
Watkins Glen |
Lotus |
1970 |
GP von Monaco |
Monte Carlo |
Lotus |
|
GP der Niederlande |
Zandvoort |
Lotus |
|
GP von Frankreich |
Clermont-Ferrand |
Lotus |
|
GP von Großbritannien |
Brands Hatch |
Lotus |
|
GP von Deutschland |
Hockenheim |
Lotus |
|