Didi Constantini - "Müssen kapieren, dass
das eine andere Liga ist"
Pörtschach – Dem Schritt nach vor gegen Dänemark
folgte beim 0:1 gegen Kroatien zumindest einer
zurück.
Die Bilanz von
Teamchef Didi Constantini fiel einen Tag nach der
Niederlage in Klagenfurt ernüchternd aus: „Die
Leistung war nicht okay.“
Der Tiroler, der im
ersten Jahr seiner Amtszeit vermehrt auf Spieler aus
der heimischen Bundesliga setzte, musste
eingestehen, dass im internationalen Vergleich
einiges fehlt.
„Wir müssen einmal
anfangen, auch von der österreichischen Bundesliga
zu reden“, erklärte der 54-Jährige und verwies
darauf, dass Nationen wie Kroatien wesentlich mehr
gestandene Legionäre zur Verfügung stünden.
"Weltuntergangsstimmung" wolle er jedoch trotzdem
nicht aufkommen lassen.
Zudem sprach
Constantini unter anderem über seinen taktischen
Plan, den Faktor Glück und die Lichtblicke Jürgen
Macho und Ümit Korkmaz.
TEAMCHEF
DIDI CONSTANTINI...
...ÜBER DIE
LEISTUNG GEGEN KROATIEN:
Wir haben nicht viel
auf die Reihe gebracht. Die Kroaten haben sehr gut
gespielt. Als ich in der Früh aufgewacht bin, ist
mir eingefallen, dass wir unter Otto Baric vor zehn
Jahren 1:2 gegen Kroatien verloren haben. Da haben
wir uns gefragt: Warum sind die so viel besser als
wir? Wir waren damals schon so weit weg wie gestern.
Das war vor zehn Jahren. Wahrscheinlich ist der
Unterschied, dass das nicht unsere Liga ist. Die
ersten 20 bis 25 sind glaube ich realistisch, auch
wenn das schwierig ist. Trotzdem glaube ich, dass
die Spieler gegen solche Mannschaften mehr lernen,
als wenn wir Gegner suchen, die auf Augenhöhe sind.
Es ist nichts zusammen gegangen. Das Ergebnis
spiegelt eigentlich nicht die Leistungen wieder. Das
Ergebnis schaut nicht schlimm aus, aber im Grunde
genommen sind wir weit weg gewesen.
…ÜBER DIE
RÜCKSCHLÜSSE AUS DIESER PARTIE:
Weiterentwicklung
war es keine, die Leistung war nicht okay. Es kann
die Erkenntnis sein, dass wir weit weg sind. Aber
man muss nicht gleich alles hinterfragen. Wir
brauchen jetzt nicht in Trauerstimmung verfallen.
Das nächste Spiel ist gegen die Schweiz, und da
werden wir schauen, dass wir es besser machen. Wir
brauchen deswegen nicht den Weltuntergang
inszenieren.
...ÜBER DIE
ENTWICKLUNG SEIT DEM LETZTEN JAHR:
Die Entwicklung
jedes einzelnen Spielers kann nur bei ihm selbst
passieren. Ein Kroate, der bei Dinamo Zagreb
gespielt hat und dann drei, vier Jahre bei
Tottenham, entwickelt sich extrem weiter. Das haben
wir nicht. Klar wäre es ideal, wenn wir immer mit
der gleichen Mannschaft spielen könnten, aber das
ist eben nicht der Fall. Hoffer hat zum Beispiel
wochenlang nicht in der ersten Mannschaft gespielt.
Ich bin mir aber sicher, dass Hoffer uns mit seinen
Anlagen immer helfen könnte.
...DARÜBER,
OB MAN NICHT ZWEI, DREI VERSCHIEDENE SYSTEME
EINSTUDIEREN MÜSSTE:
Beim Verein ist das
leichter als bei der Nationalmannschaft in drei
Tagen. Auf der anderen Seite denkst du, der Spieler
passt dort hin, der andere Spieler dort hin. Harnik
war zuletzt immer Mittelstürmer, bei der EURO hat er
Rechtsaußen gespielt. Ihm ist überhaupt nichts
aufgegangen. Auf was soll ich warten? Es ist ja kein
Verbrechen, wenn ich ihn raushole, wenn ihm nichts
gelingt. In Zukunft sehe ich ihn als Stürmer, wenn
ich ihn hole.
...SEINEN TAKTISCHEN PLAN FÜR DAS
ÖSTERREICHISCHE NATIONALTEAM:
Im Grund genommen ist es
so, dass wir die Anlagen zu einer guten
Konter-Mannschaft haben, was gegen Kroatien in keinster
Weise gegriffen hat. Du kannst immer diskutieren, ob du
mit zwei Spitzen oder einer spielst, ob du 4-2-3-1 oder
4-1-4-1 spielst. Gestern war es so, dass wir immer zu
spät geschalten haben.
...DARÜBER, OB
MAN MIT MARC JANKO AUF KONTER SPIELEN KANN:
Ja. Gerade mit Janko
kann man auf Konter spielen. Wenn du einen großen
Spieler vorne drinnen hast, den anspielst, können andere
Spieler links und rechts vorbei.
...ÜBER DIE
QUALITÄT DER BUNDESLIGA IM INTERNATIONALEN VERGLEICH:
Wir müssen einmal
anfangen, auch von der österreichischen Bundesliga zu
reden. Die Kroaten spielen in England, Spanien und was
weiß ich wo. Wir müssen irgendwann einmal kapieren, dass
das eine andere Liga ist. Obwohl die Bundesliga für uns
eine gute Liga ist, und es auch gute Spieler gibt, aber
es ist halt ein Unterschied, wenn einer in England oder
Spanien spielt, und dort immer spielt. Junuzovic hat
gestern zum Beispiel seine Leistung gebracht, aber in
der Bundesliga ist es leichter für ihn, sich
durchzusetzen. Ich sage nicht, ich halte nichts von
unserer Liga. Für uns ist unsere Liga okay, aber im
internationalen Vergleich...
...DARÜBER, DASS
AUCH LEGIONÄREN WIE FUCHS FEHLER UNTERLAUFEN:
Wenn einer ins Ausland
geht, ist er nicht von heute auf morgen schneller oder
viel besser. Aber wenn du ständig in einer Top-Liga
spielst, ist es normal, dass du dich weiter entwickelst.
Das ist logisch. Aber dass ein Legionär genauso Fehler
macht wie andere, kann auch passieren.
...ÜBER DEN
FAKTOR GLÜCK:
Du brauchst sehr viel
Glück, damit du gegen solch eine Mannschaft punktest.
Wir haben gestern sehr viel Glück gehabt und dann in der
86. Minute das Tor gekriegt. Wenn man es neutral sieht,
eine verdiente Niederlage. Ich habe immer gesagt, wir
können Deutschland oder die Türkei ärgern, wenn wir
einen super Tag haben und die anderen einen schlechten.
Dann ist schon wieder irgendwo gestanden: Der traut uns
nichts zu. Aber Realist zu sein, ist scheinbar nicht das
Richtige, weil dann nimmst du den Leuten die Träume,
dass wir uns qualifizieren.
...DARÜBER, OB
ÖSTERREICH BEI DER EURO WEITER WAR ALS JETZT:
Damals waren die Spieler
drei Monate beieinander und topfit, das ist eine andere
Geschichte (Tatsächlich dauerte die ÖFB-Vorbereitung
auf die EURO einen Monat, Anm.d.Red.). Ich glaube
nicht, dass man jetzt alles hinterfragen muss. Aber die
Situation, die ich vorher beschrieben habe, die
Internationalität von solchen Mannschaften im Vergleich
zu uns, wird sich nicht ändern.
...ÜBER POSITIVE
ERKENNTNISSE WIE MACHO ODER KORKMAZ:
Macho ist ein guter
Torwart. Gestern hat er auch das notwendige Glück
gehabt. Korkmaz ist auch in einer ganz guten Verfassung.
In der Klasse, wo die Kroaten über 90 Minuten sind, ist
er aber auch noch nicht, obwohl er top drauf ist. Aber
wenn du das jede Woche hast, hast du das einfach intus.
...DARÜBER, DASS
ER FÜNF OFFENSIV ORIENTIERTE SPIELER NOMINIERT HAT:
Ich könnte auch mit neun
Defensiven und einem Offensiven spielen. Das würde auch
nichts ändern. Die Stürmer müssen jedoch perfekt mit
nach hinten arbeiten. Wenn Harnik einen Tag hat, wo ihm
nach hinten und vorne nichts gelingt, bist du schon
einmal einen Mann weniger. Das heißt aber nicht, dass er
Schuld ist, dass wir 0:1 verloren haben.
...DARÜBER, DASS
ÖSTERREICH IN DEN LETZTEN 24 LÄNDERSPIELEN IMMER
ZUMINDEST EIN GEGENTOR KASSIERTE:
Seit 24 Länderspielen?
Ich weiß nicht, ob man das verhindern kann. Auch gegen
Mannschaften, die gleich gut sind, kann ein Gegentor
passieren. Aber seit wann gibt es das, dass wir nichts
gewinnen? Erst seit wir da sind, oder seit zehn Jahren?
Da muss man auch die letzten zehn Jahre hinterfragen.
...ÜBER DIE
KADERDICHTE:
Klar wäre es schön, wenn
die Mannschaft steht, und es nicht einmal einen Muckser
gibt, wenn einer rauskommt und ein anderer rein. Es wäre
schön, wenn es schwer wäre, aber es ist nicht so schwer
ins Team zu kommen.