England kassierte hingegen die höchste WM-Niederlage seiner Geschichte und scheiterte nach den Niederlagen im Halbfinale der WM 1990 und der Heim-EM 1996 abermals vorzeitig bei einem wichtigen Turnier an Deutschland.
Zum Matchwinner avancierte Thomas Müller mit einem Doppelpack (67., 70.). Die weiteren Teffer für Deutschland erzielten Miroslav Klose (20.) und Lukas Podolski (32.). Der zwischenzeitliche Anschlusstreffer für die wenig überzeugenden Engländer gelang Matthew Upson (37.).
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Skandalöse Fehlentscheidung
Obwohl das Resultat eindeutig ausfiel, wird die Partie noch für viel
Aufregung und Diskussionen sorgen, wurde sie doch durch eine
skandalöse Fehlentscheidung entscheidend beeinflusst. Beim Stand von
2:1 für Deutschland wurde 44 Jahre nach dem Wembley-Tor die
Geschichte wiederholt - diesmal nur andersherum.
Ein Schuss von Frank Lampard prallte von der Innenlatte gut einen halben Meter hinter der Torlinie auf, wurde vom uruguayischen Schiedsrichter Jorge Larrionda und seinem Assistenten Mauricio Espinosa aber nicht gegeben. "Das muss der Linienrichter sehen. Das war ein klares Tor", gestand selbst Franz Beckenbauer.
Schweinsteiger und Boateng fit
Deutschland ging gestärkt durch die Rückkehr von Bastian
Schweinsteiger und Jerome Boateng, die beide rechtzeitig fit wurden,
in die Partie. Coach Joachim Löw setzte daher nur im Sturm wieder
auf Miroslav Klose, der seine Sperre abgesessen hatte, statt des
verletzten Cacau. Bei England ersetzte Upson in der Verteidigung
Jamie Carragher.
Konzentriert und diszipliniert
Bereits beim Abspielen der Nationalhymnen war den 22 Spielern die
Konzentration ins Gesicht geschrieben. Alle Akteure wussten über die
Bedeutung der Begegnung Bescheid, daher gingen sie in den ersten
Minuten konzentriert und diszipliniert ans Werk.
Entsprechend wenige Chancen taten sich in der ersten Viertelstunde auf. Einzig Mesut Özil wurde von Schweinsteiger mit einem tiefen Pass ideal eingesetzt, doch der Schuss des 21-jährigen Jungstars wurde von David James mit einer Fußabwehr über das Tor gelenkt (5.).
Klose trifft im Fallen
Während sich die "Three Lions" offensiv mit wenig Biss zeigten und
immer wieder ihren Bändiger in der DFB-Abwehr fanden, wirkten die
Deutschen wesentlich dynamischer, spielten direkter und wurden in
der 20. Minute auch dafür belohnt.
Goalie Manuel Neuer schickte Klose mit einem 80-Meter-Abstoß auf die Reise. Der 32-Jährige setzte sich im Laufduell mit Upson durch und bugsierte im Fallen mit der Zehenspitze den Ball am herausstürzenden James vorbei zur Führung ins Tor. Für Klose war es der bereits 50. Treffer im DFB-Dress und der zwölfte bei einer WM.
2:0 folgt schneller
Anschlusstreffer
England war sichtlich schockiert vom Gegentreffer, Deutschland
drückte nach. Zunächst scheiterte Klose nach idealer Vorarbeit von
Müller an James (30.). Danach war es wieder Müller, der ein
perfektes Auge bewies. Podolski nahm die Vorlage dankend an und traf
durch die Beine von James (32.).
Das 0:2 weckte England aber endgültig auf. Lahm rettete nach einer Lampard-Grätsche vor der Linie (35.). Nur zwei Minuten später gelang aber der Anschlusstreffer. Nach einer Flanke von Kapitän Steven Gerrard stieg Upson am höchsten und köpfelt zentral zum 2:1 ein.
Die Szene des Spiels
Kurz danach folgte die Szene des Spiels, die noch für sehr viel
Aufregung sorgen und die FIFA in Person von Präsident Joseph Blatter
bezüglich des Videobeweises wieder massiv unter Druck setzen wird:
Lampards Schuss (37.) ging an die Innenlatte, und der Ball prallte
mindestens einen halben Meter hinter der Linie auf.
Lampard und sein Coach Fabio Capello jubelten bereits, doch zum Entsetzen der Engländer wurde der Treffer nicht gegeben. Das Wembley-Tor vor 44 Jahren ließ grüßen - mit dem Unterschied, dass diesmal der Treffer für England nicht zählte, obwohl er eindeutig drinnen war.
England wieder an die Latte
Wenige Minuten nach Seitenwechsel waren die Engländer neuerlich im
Pech. Ein Freistoß von Lampard aus gut und gern 30 Metern krachte
nur an die Querlatte (52.). Spätestens jetzt wurde die Partie zum
WM-Klassiker. Auf beiden Seiten ergaben sich Chancen.
Boateng blockte einen Schuss von James Milner in letzter Sekunde (61.) ab. Arne Friedrich verhinderte gerade noch eine Topchance für Jermain Defoe (63.). Auf der Gegenseite scheiterten Müller (59.) und Schweinsteiger (63.) knapp.
England klassisch ausgekontert
England war zu diesem Zeitpunkt feldüberlegen, entblößte aber auch
etwas zu forsch seine Abwehrreihen und wurde dafür durch zwei
klassische Kontertore prompt bestraft. Der Mann dabei war zwischen
den Minuten 67 und 70 Müller, der mit seinem Doppelschlag für die
Vorentscheidung sorgte.
Beim 3:1 wurde Müller, der den Konter selbst einleitete, von Schweinsteiger bedient. Der Schuss des 20-Jährigen ging vom Ellbogen von James ins Tor. Kurz darauf verwertete der Bayern-Stürmer einen Stanglpass von Özil aus acht Metern bombensicher und erzielte seinen dritten WM-Treffer.
Gebrochene Gegenwehr
Die Gegenwehr von England, das über die 90 Minuten gesehen wieder
nicht überzeugen konnte, war gebrochen, Deutschland hatte das Heft
wieder klar in der Hand und ließ keinen Zweifel mehr am Aufstieg ins
Achtelfinale aufkommen. Englands einzige Chance auf
Resultatskosmetik vergab Gerrard, der nach Pass von Rooney völlig
allein stehend an Neuer scheiterte (81.).
Christian Wagner, ORF.at
WM-Achtelfinale
Sonntag: Deutschland - England 4:1 (2:1)
Bloemfontein, Free-State-Stadion, 40.510 Zuschauer, SR Larrionda (URU)
Torfolge:
1:0 Klose (20.)
2:0 Podolski (32.)
2:1 Upson (37.)
3:1 Müller (67.)
4:1 Müller (70.)
Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Friedrich, J. Boateng - Khedira, Schweinsteiger - Müller (72./Trochowski), Özil (83./Kießling), Podolski - Klose (72./Gomez)
England: James - Johnson (87./Wright-Phillips), Upson, Terry, A. Cole - Milner (64./J. Cole), Lampard, Barry, Gerrard - Defoe (71./Heskey), Rooney
Gelbe Karten: Friedrich bzw. Johnson
Die Besten: Klose, Müller, Özil bzw. Lampard
Statistik:
Deutschland | England | |
Torschüsse | 7 | 9 |
Schüsse | 17 | 19 |
Fouls | 7 | 6 |
Eckbälle | 4 | 6 |
Abseits | 4 | 2 |
Ballbesitz | 49 Prozent | 51 Prozent |