Carlos Puyol brachte Deutschland mit seinem Kopfballtreffer zum entscheidenden 1:0 (73. Minute) zum Entgleisen. Die spanischen Europameister treffen daher in ihrem ersten WM-Finale am Sonntag (20.30 Uhr, live in ORF1 und im Livestream) im Soccer City Stadium von Johannesburg auf die Niederlande.
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Für Deutschland bleibt nach der missglückten Revanche für das EM-Finale von 2008 "nur" das Spiel um Platz drei am Samstag (20.30 Uhr, live in ORF1 und im Livestream) gegen Uruguay.
Kein Kraut gegen "Tiqui-Taca"
Die Mannschaft von Joachim Löw war nach den eindrucksvollen Siegen
gegen England (4:1) und Argentinien (4:0) nicht wiederzuerkennen.
Deutschland zeigte nichts von den neuen Tugenden wie Offensivgeist und schnellen, druckvollen Konterfußball, sondern überließ den eingespielten Spaniern das Feld, die bis auf wenige Szenen das Geschehen 90 Minuten lang diktierten.
Torres muss draußen bleiben
Der Europameister lief als FC Barcelona ein. Sieben Spieler aus der
Startformation stehen bei den Katalanen unter Vertrag. Von Beginn an
neu war Pedro Rodriguez, der den bisher ineffektiven Fernando Torres
ersetzte.
Löw musste seine Erfolgsmannschaft nur an einer Stelle verändern. Piotr Trochowski versuchte, die Rolle des gesperrten Thomas Müller zu übernehmen.
Schlagabtausch bleibt aus
Die Teams erfüllten vorerst nicht den Wunsch der Fans nach einem
Schlagabtausch. Für das erste Aufsehen sorgte ein mit einer Vuvuzela
ausgestatteter Fan, der vom Tor von Manuel Neuer beinahe bis zur
Mittellinie lief, wo er von Sicherheitspersonal gestoppt und
abgeführt wurde.
Die erste Torchance hatte dann David Villa. Der künftige Barcelona-Stürmer tauchte nach einer Pedro-Vorlage plötzlich vor Manuel Neuer auf, der Ball landete aber in den Händen des Schalke-Torhüters.
Wenig später "schoss" ein Kopfball von Puyol nach Iniesta-Vorarbeit über das Tor. Spanien hatte den Vorwärtsgang eingelegt. Xavi, Andres Iniesta und Pedro ließen den Ball laufen, und Deutschland ließ sich nicht aus der Reserve locken.
Absicht oder Unvermögen?
Die DFB-Elf schien auf ein Angriffssignal von Löw zu warten oder mit
einer gewieften Passivtaktik das Spiel einschläfern zu wollen.
Es passierte jedenfalls nicht viel rund um Bastian Schweinsteiger. Das Fehlen von Müller lähmte auch das deutsche Offensivspiel. Das Lauern auf den Konter dominierte.
Deutschlands einziger Torschuss
In der 32. Minute war es dann so weit: Trochowski prüfte mit einem
35-m-Weitschuss Casillas. Das war's dann auch wieder, es sollte
Deutschlands einziger Torschuss in der ersten Hälfte bleiben.
Spaniens Ersatztorhüter Jose Reina hatte prophezeit, dass jene Mannschaft gewinnt, die das erste Tor erzielt. Daran schienen auch die Akteure auf dem Platz zu glauben, es regierte weiter die Vorsicht.
Einzige Aufregung vor der Pause war dann ein "Stolperer" von Özil im Strafraum. Der Werder-Regisseur kam nach einem Sturmlauf im Strafraum im Zweikampf mit Ramos zu Fall, aber Viktor Kassais Pfeife blieb stumm (45.+1).
Ein Tor für Spanien liegt in der
Luft
Die zweiten 45 Minuten begannen, wie die ersten geendet hatten. Mit
spanischen Versuchen, Neuer aus der Distanz zu bezwingen. In der 58.
Minute lag den Fans des Europameisters dann der Torschrei schon auf
der Zunge.
Zunächst parierte Neuer einen 25-m-Schuss von Pedro (58.). Per Mertesacker klärte den Ball nicht konsequent genug, und in derselben Aktion kam Villa bei einem Iniesta-Stanglpass nur um Zentimeter zu kurz.
Kroos soll für Schwung sorgen
Löw reagierte auf die uninspirierte Vorstellung seiner Mannschaft
und brachte Toni Kroos anstelle von Trochowski (62.).
Der Bayern-Heimkehrer vergab kurz darauf dann eine der wenigen Chancen leichtfertig, als er den Ball mit dem Innenrist ins Tor von Casillas befördern wollte.
Puyol schlägt zu
Wie man ein Tor macht, zeigte dann Puyol: Der Barca-Verteidiger
stieg am Elfer zu einem Xavi-Corner von links hoch und wuchtete den
Ball kompromisslos ins Netz. Neuer war geschlagen und Spanien führte
verdient 1:0 (73.).
Sollte die Rückkehr zur "alten" Spielweise bei Deutschland Absicht gewesen sein, ging diese Taktik völlig daneben. Das zeigte sich auch in der Schlussphase.
Schweinsteiger und Co. konnten nicht mehr wirklich zulegen, und so ging das "Wintermärchen" vom vierten Titel am Mittwoch in Durban für die Löw-Elf mit einer Enttäuschung zu Ende.
Größter WM-Erfolg für Spanien
Für die Spanier ist der Einzug ins Finale am Sonntag in Johannesburg
der mit Abstand größte WM-Erfolg, da sie es zuvor bisher erst ein
einziges Mal beim vierten Platz 1950 in Brasilien unter die letzten
vier einer Endrunde geschafft hatten.
Martin Wagner, ORF.at
WM-Semifinale
Mittwoch: Deutschland - Spanien 0:1 (0:0)
Durban, Moses-Mabhida-Stadion, 61.000 Zuschauer, SR Kassai (HUN)
Tor: Puyol (73.)
Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Friedrich, Boateng (52./Jansen) - Khedira (81./Gomez), Schweinsteiger - Trochowski (62./Kroos), Özil, Podolski - Klose
Spanien: Casillas - Ramos, Pique, Puyol, Capdevila - Busquets, Xabi Alonso (93. Marchena) - Pedro (85. Silva), Xavi, Iniesta - Villa (81. Torres)
Die Besten: Neuer, Schweinsteiger bzw. Xavi, Iniesta, Pedro
Statistik:
Deutschland | Spanien | |
Torschüsse | 2 | 5 |
Schüsse | 5 | 13 |
Fouls | 9 | 7 |
Eckbälle | 6 | 7 |
Abseits | 2 | 1 |
Ballbesitz | 49 Prozent | 51 Prozent |