Robinho hatte die Brasilianer in der zehnten Minute in Führung gebracht, Felipe Melo leitete das bittere Aus für die "Selecao" mit einem Eigentor (58.) ein, Inter-Star Wesley Sneijder (68.) besiegelte mit einem Kopfballtreffer ihr Schicksal.
Folgenschwere Rückkehr
Dabei war Melo erst in die "Selecao" zurückgekehrt, der
Mittelfeldspieler hatte das Achtelfinale gegen Chile (3:0) wegen
einer Knöchelverletzung verpasst. Gemeinsam mit Gilberto Silva
übernahm er den defensiven Part vor der Viererkette.
Elano dagegen musste wegen Knöchelproblemen das dritte Spiel in Folge pausieren, er wurde im rechten Mittelfeld wieder von Dani Alves vertreten. Luis Fabiano und Robinho bildeten Carlos Dungas Sturmduo, dahinter zog Kaka die Fäden.
Die Niederländer wollten mit derselben Elf wie beim 2:1-Achtelfinal-Sieg über die Slowakei beginnen, doch Innenverteidiger Joris Mathijsen verletzte sich beim Aufwärmen am Knie und musste von Coach Bert van Marwijk durch Andre Ooijer ersetzt werden.
Robinho trifft zweimal zum 1:0
40.000 Zuschauer im Nelson-Mandela-Bay-Stadion von Port Elizabeth
sahen eine verheißungsvolle Anfangsphase. Bei einem leichten Rempler
im Strafraum gegen Robin van Persie (2.) blieb die Pfeife von Yuichi
Nishimura zu Recht stumm, in der achten Minute griff der Japaner mit
seinem Assistenten erstmals in den Spielverlauf ein.
Robinho hatte den Ball zur vermeintlichen Führung im Netz versenkt, Assistgeber Alves war jedoch linksaußen aus Abseitsposition gestartet. Das Tor zählte nicht, erst im zweiten Versuch klappte es für den FC-Santos-Star.
Nach einem herrlichen Melo-Steilpass von der Mittellinie stürmte Robinho auf Maarten Stekelenburg zu und bezwang den Torhüter in souveräner Manier zum 1:0 (10.). Auffällig war das mangelhafte Abwehrverhalten des nicht eingespielten Innenverteidigerduos Ooijer und John Heitinga, die Robinho auf dem Weg zum zweiten Turniertor ungehindert ziehen ließen.
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"Selecao" sucht Vorentscheidung
Das Match blieb hart umkämpft, Zweikämpfe wurden oft an und jenseits
der Grenze zum Unerlaubten geführt. So hatte Nigel de Jong (25.)
Riesenglück, als er Kaka im Strafraum elfmeterwürdig von den Beinen
holte. Wenige Augenblicke später setzte Juan den Ball nach einem
Alves-Corner knapp über das Tor.
Brasilien wurde immer stärker, und eine Traumkombination der "Paradezauberer" Robinho (ließ zwei Holländer aussteigen), Luis Fabiano (verlängerte per Ferse) und Kaka (zirkelte den Ball auf die rechte lange Ecke) führte in der 31. Minute beinahe zum 2:0. Stekelenburg bewahrte sein Team mit einer Glanzparade vor dem wahrscheinlich entscheidenden Gegentor.
Robben bleibt immer wieder hängen
Jedes Kopfball- und Laufduell dieses vorweggenommenen Finales wurde
mit letztem Einsatz in Angriff genommen, die nur mit gelegentlichen
Weitschüssen aufzeigenden Niederländer blieben den Brasilianern in
Sachen ruppiges Einsteigen nichts schuldig.
Nur Robben suchte rechts hin und wieder seinen gewohnten Weg zum Tor, wurde beim gefürchteten Haken nach innen aber immer wieder gestoppt. Die Führung des Rekordchampions zur Halbzeit war verdient, zumal Maicon den starken Stekelenburg vor dem Pausenpfiff mit einem Gewaltschuss zu einer weiteren Großtat zwang.
"Oranjes"-Hoffnungen wieder am
Leben
Auch nach Seitenwechsel hielten die Südamerikaner den Ball zunächst
perfekt in ihren Reihen, Lucio dirigierte die bis dahin
traumwandlerisch sichere Viererkette souverän. In der Folge
überschlugen sich aber die Ereignisse.
Zunächst verschonte der Referee den Gelb-verwarnten Michel Bastos nach einer rüden Attacke gegen Robben (52.), dann erwachten die "Oranjes"-Hoffnungen wieder zum Leben. Eine weite Flanke von Sneijder von rechts verlängerte Melo vor seinem herauseilenden Keeper Julio Cesar per Hinterkopf ins eigene Tor, es stand 1:1 (53.).
Der unnötige Gegentreffer traf die Brasilianer bis ins Mark, es dauert bis zur 66. Minute, ehe Kaka mit einem auf die rechte Kreuzecke angetragenen Innenristschuss Schockbewältigung betrieb.
1,70-m-"Kopfballungeheuer" trifft
zum Sieg
Für Dungas Starensemble sollte es aber noch viel schlimmer kommen:
Robben schlug einen Eckball von rechts auf die kurze Ecke, und Kuyt
verlängerte per Kopf in den Fünfmeterraum, wo der nur 1,70 Meter
große Sneijder unbedrängt zum 2:1 (68.) einköpfelte. Jetzt waren die
so lange unbesiegbar wirkenden Brasilianer in Auflösung begriffen.
Melo verlor die Nerven und wurde mit einer Roten Karte (73.) wegen Nachtretens gegen Robben endgültig zur tragischen Figur. Und auch Robinho "bettelte" in der überaus hektischen Schlussphase um den Platzverweis.
Überhaupt ging es im Finish drunter und drüber: Gilberto Silva (80.) kam vor dem Tor um Zentimeter zu spät, auf der anderen Seite hatte Sneijder (84.) noch eine Riesenchance und der eingewechselte Klaas-Jan Huntelaar (93.) in einer Drei-gegen-eins-Situation noch das 3:1 auf dem Fuß.
Harald Hofstetter, ORF.at
WM-Viertelfinale
Freitag: Niederlande - Brasilien 2:1 (0:1)
Port Elizabeth, Nelson-Mandela-Bay-Stadion, 40.000 Zuschauer, SR Nishimura (JPN)
Torfolge:
0:1 Robinho (10.)
1:1 Sneijder (58.)
2:1 Sneijder (68.)
Niederlande: Stekelenburg - Van der Wiel, Heitinga, Ooijer, Van Bronckhorst - Van Bommel, De Jong - Robben, Sneijder, Kuyt - Van Persie (85./Huntelaar)
Brasilien: Cesar - Maicon, Lucio, Juan, Bastos (62./Gilberto) - Gilberto Silva, F. Melo - Dani Alves, Kaka, Robinho - Luis Fabiano
Rote Karte: F. Melo (74.)
Gelbe Karten: Heitinga, Van der Wiel, De Jong, Ooijer bzw. Bastos
Die Besten: Stekelenburg, Sneijder bzw. Maicon, Robinho
Statistik:
Niederlande | Brasilien | |
Torschüsse | 4 | 4 |
Schüsse | 10 | 15 |
Fouls | 20 | 20 |
Eckbälle | 4 | 8 |
Abseits | 2 | 2 |
Ballbesitz | 51 Prozent | 49 Prozent |