Jürgen Melzer ist gegen einen übermächtigen
Federer ohne Chance
London - Jürgen Melzer ist am Montag im Achtelfinale
von Wimbledon wie befürchtet ausgeschieden:
Der 29-jährige
Niederösterreicher war gegen den topgesetzten
"Rasen-König" und sechsfachen Wimbledon-Champion
Roger Federer in seinem ersten Achtelfinale an der
Church Road beim 3:6,2:6,3:6 chancenlos.
Während Federer nach
dem ersten Duell mit dem Österreicher auf dem Weg
zum Titel Nummer 7 nun nur noch drei Siege fehlen,
darf sich French-Open-Halbfinalist Melzer mit seinem
bisher besten Wimbledon-Abschneiden und umgerechnet
76.220 Euro Preisgeld trösten.
Melzer hat es damit nicht geschafft, als erster
Österreicher in das Wimbledon-Viertelfinale einzuziehen.
Wie Hans Redl (1947) und
Alex Antonitsch (1990), die bisher erfolgreichsten
Österreicher im All England Club, scheiterte er in der
vierten Runde.
"Hätte ihm gerne
härteres Match gegeben"
"Ich habe heute leider
nicht so gut gespielt, wie ich es mir vorgenommen hatte.
Das ist schade, ich hätte ihm gerne noch ein härteres
Match gegeben", musste sich Melzer eingestehen.
Gegen den Weltranglisten-Zweiten aus der Schweizer war
er in dessen "Wohnzimmer" von Beginn weg auf verlorenem
Posten.
"Mir ist es leider nicht
gelungen, von Anfang an dagegen zu halten. Federer hat
vorne wegspielen können, und das ist für ihn das
Wichtigste. Er ist einer der Besten, wenn nicht gar der
Beste, wenn er eine Führung im Rücken hat", sagte
Österreichs Nummer eins.
Beste Leistung
in diesem Turnier
Melzer fand im ersten Duell der Beiden auf der Profitour
nie einen Weg, den Schweizer zu bedrängen. Der
Titelverteidiger, der die Ballwechsel mit seiner Vorhand
dominierte und ausgezeichnet servierte, zeigte
allerdings auch seine bisher mit Abstand beste Leistung
in diesem Turnier.
Die Demonstration von
Federer auf dem Center Court dauerte 84 Minuten. "Er hat
einfach ein sehr starkes Spiel, spielt sehr schnell. Und
er fühlt sich so wohl hier. Es ist der schwierigste
Platz, um gegen ihn bestehen zu können", lobte Melzer
seinen überlegenen Gegner.
Zudem habe der Schweizer im Gegensatz zum Turnierstart
nun seinen Rhythmus gefunden. "Er ist drin im Turnier,
hat sein Selbstvertrauen wieder, und wenn er so in Form
ist, hat er praktisch auf alles eine Antwort", sagte
Melzer.
Perfekter Start
für Federer
Der Favorit zog schnell auf 3:0 davon und ließ sich auch
von einem Rebreak Melzers (zum 2:3, seinem einzigen)
nicht beunruhigen.
Er nahm dem
Niederösterreicher sofort wieder den Aufschlag ab und
sicherte sich den Startsatz in 26 Minuten. Im zweiten
Durchgang gelangen Federer Breaks zum 2:1 und 5:2.
Melzer hielt im dritten
Satz bis zum 3:3 dank einer guten Aufschlagleistung mit,
danach zog Federer aber wieder davon und unaufhaltbar
zum Sieg.
Der Sieger von 16
Grand-Slam-Turnieren, der in der ersten Woche drei Sätze
abgegeben hatte, zeigte sich von Anfang bis zum Schluss
in Bestform und erstmals effizient: Er verwertete sechs
von zehn Breakchancen.
Positiv Bilanz
Melzer hat sich nun innerhalb weniger Wochen den beiden
größten Herausforderungen im Tennis gestellt: gegen
Rafael Nadal in Paris und gegen Federer in Wimbledon zu
spielen.
Den Spanier hatte er im
Halbfinale der French Open immerhin in ein Tiebreak
zwingen können, gegen Federer kam er nie richtig ins
Spiel.
Trotzdem darf der Deutsch Wagramer, der erstmals in
Wimbledon die zweite Woche erreichte, mit einer
positiven Bilanz aus London abreisen.
Und mit der Erkenntnis
bei beiden Grand-Slam-Turnieren erst an den Besten
gescheitert zu sein. Zuvor spielte er am Montagabend
aber noch Doppel mit Philipp Petzschner.
"Gegen einen Federer auf
dem Center Court von Wimbledon zu verlieren ist keine
Schande. Ich habe wirklich eine gute erste Woche
gespielt, und auf der kann ich in Zukunft aufbauen",
resümierte der 29-Jährige.
Erstmals in den
Top 15
Melzer, der in Wimbledon als Nummer 16 gesetzt war, hat
nach Siegen über Dustin Brown (JAM), Viktor Troicki (SRB/nach
0:2-Satzrückstand) und Feliciano Lopez (ESP-22) seine
tolle Paris-Performance bestätigt. Er wird im Ranking
den Kroaten Ivan Ljubicic überholen und am Montag
erstmals als 15. in den Top 15 aufscheinen.
Melzer kehrt nun für
drei Turniere auf Sand zurück und spielt ab 12. Juli der
Reihe nach in Stuttgart, Hamburg und Umag. Einem
neuerlichen Duell mit dem Schweizer Topspieler fiebert
der Niederösterreicher bereits entgegen.
"Ich hoffe, beim
nächsten Duell treffen wir uns anderswo. Auf einer
anderen Unterlage als auf Rasen hätte es wohl ein
bisschen anders ausgesehen", meinte Melzer.
Federer: "Meine
Form ist gut"
Federer bekommt es nun am Mittwoch mit dem Tschechen
Tomas Berdych zu tun. "Meine Form ist gut. Und endlich
passt auch mein Spiel wieder. Die Gegner werden stärker,
aber ich bin auch stärker geworden", sagte der
Schweizer.
Der Weltranglistenzweite
war glücklich, mit der Art und Weise, wie er spielen
konnte. "Ich kenne Jürgen sehr gut, er ist ein guter
Freund von mir. Wichtig war, dass mir der Start gut
gelungen ist", betonte Federer.